Disclaimer: Die Wirtschaftswissenschaften sind keine empirischen Wissenschaften. Diesem Beitrag liegt das gedankliche Gerüst der österreichischen Schule der Nationalökonomie zugrunde, so wie eine persönliche Meinung. Es gibt verschiedene Geld- und Wirtschaftstheorien, die verschiedene Ansichten umfassen, dieser Beitrag repräsentiert eine davon.
Um verstehen zu können was Bitcoin ist und weshalb es so ist, wie es ist, muss man zuerst verstehen was Geld ist und was ein solides Geld ausmacht.
Geld ist ein Tauschmittel. Es ist im Normalfall das meist gehandelte und somit am einfachsten verkäufliche Gut. Nahezu alle Menschen akzeptieren es als Gegenleistung für Waren und Dienstleistungen, da sich jeder auf die Akzeptanz und Stabilität verlassen kann.
In einer modernen Wirtschaft mit fortgeschrittener Arbeitsteilung & Spezialisierung ist es nicht möglich, Güter selbst herzustellen. Jedes Individuum ist meist spezialisiert auf ein Themengebiet, was in der gesamten Gesellschaft extreme Effizienz erzeugt. Allerdings ist es äußerst schwer, passende Tauschpartner zu finden, wenn man direkt in Güter tauschen möchte.
Dies nennt sich die Koinzidenz der Wünsche, und beschreibt im Kern das Problem, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass Person A und Person B das jeweils begehrte Gut in exakt begehrter Menge zur exakt gleichen Zeit zum Tausch bereit haben. Möchte ich eine Kuh kaufen, und habe nur Äpfel, wird mir wohl kaum jemand Tonnenweise Äpfel abnehmen, die dann schnell verfaulen. In solchen, arbeitsteiligen Gesellschaften, hatte sich also stets ein Gut herausgearbeitet, mit dem man jeglichen Tausch abwickeln konnte. Es behält in der Regel einen relativ stabilen Wert, wird von nahezu jedem akzeptiert und nennt sich im Volksmund Geld.
Die drei wichtigsten Hauptfunktionen eines Geldes sind die folgenden:
Geld muss einen beständigen Wert haben, damit man zeitversetzte Transaktionen tätigen kann, ohne fürchten zu müssen, dass der Wert verfällt. Langfristiges Sparen muss somit möglich sein, um Rücklagen bilden und für die Zukunft planen zu können. Geld etabliert sich also solches, gerade weil man ohne große Spekulation Vermögen aufbauen kann und nicht am Finanzmarkt mit Investmentprofis mithalten zu müssen.
Der Wert und die Nützlichkeit eines Geldes sind stark an dessen Eigenschaften und Verbreitung gekoppelt. Häufig wird diese Funktion als Fundament zum Ausbau der anderen beiden Funktionen gesehen. Nur ein Gut, in dem man seinen Wert mit gleichbleibender oder sogar erhöhter Kaufkraft speichern kann, kommt überhaupt in Frage für Zahlungen oder als Recheneinheit genutzt zu werden.
Geld wird verwendet, um Zahlungen vorzunehmen. Es wird verwendet, um Güter und Dienstleistungen zu bezahlen. Hierbei spielt Akzeptanz eine wichtige Rolle. Wenn nicht genug Individuen das gleiche Geld akzeptieren, kann man es nur beschränkt verwenden. Je verkäuflicher (also einfacher zu kaufen/verkaufen) ein Gut ist, desto eher eignet es sich, ein Zahlungsmittel zu werden.
Güter und Dienstleistungen lassen sich am einfachsten in Geldeinheiten ausdrücken, da dies das meistgehandelte aller Güter ist. Geld ist somit eine allgemeine Bezugsgröße, um Preise für Waren und Dienstleistungen zu bemessen und vor allem deren preisliche Veränderung beobachten zu können. Ohne Preise können wir keine Wirtschaftlichkeitsrechnung betreiben und es wäre schwieriger, Opportunitätskosten verschiedener Vorgehensweise zu kalkulieren. In einer komplexen Gesellschaft ist eine gemeinsame Recheneinheit also absolut notwendig.
In der Geschichte der Menschheit gab es bereits viele verschiedene Arten von Geld. Ab einem gewissen Grad der Arbeitsteilung wurde der Tauschhandel schlichtweg unpraktikabel. Deshalb trachtete der Markt nach etwas, das sich als perfektes Tauschobjekt eignet. Der Weg dorthin war jedoch ein steiniger.
Einer der ersten verwendeten Geldtypen nennt sich Warengeld. Dies waren beispielsweise Schneckengehäuse, Muscheln, Salz, Felle oder Steine. Meistens handelte es sich um Waren, die eine gewissen Tauschwert und Seltenheitsgrad aufweisen konnten. Auf den Yap-Inseln verwendete man zeitweise riesige runde Steine. Sie standen mitten im Dorf und waren sehr schwer zu kreieren und auf die Insel zu bekommen.
Die Besitzer eines Steines verkündeten allen, wenn sich der Besitzer änderte, was natürlich nur ein einer begrenzt großen Gesellschaft funktionierte. So entstand jedoch ein Konsens in der Gemeinde und dies schützte vor Diebstahl, da jeder wusste wem welcher Stein gehört. Um solides Geld zu sein war es also wichtig, dass das Geld selten Metallgeldund somit begrenzt war, es einen Wert hat, lange gelagert werden konnte und von allen akzeptiert wurde.
Über Jahrtausende bildete sich so Metallgeld als geeigneter Geldkandidat heraus und verdrängte andere Warengelder. Hier handelte es sich um Gold, Silber oder Bronze, die frei gehandelt werden konnten. Die Münzprägung half, schnell erkennen zu können, ob es sich zum Beispiel um echtes Gold handelte. Erst später hatte es sich etabliert, dass Münzen nur von staatlichen, zentralen Institutionen ausgegeben werden.
Metalle hatten den Vorteil, dass sie knapp und somit wertvoll, haltbar und relativ leicht teilbar waren. Zu Beginn waren die Münzen fast zu 100% aus Gold oder Silber. Mit der Zeit jedoch wurde die Verlockung für zentral kontrollierende Institutionen immer größer, mehr Geld zu schaffen, sodass sie die Reinheit des Geldes herabsenkten. Man sammelte Münzen ein, verringerte den Goldgehalt, ohne dies öffentlich bekannt zu machen, und erzeugte aus derselben Menge mehr Münzen. Dies waren erste Formen der inflationären Enteignung durch Herrscher und Regierungen. Bereits damals wurde also ein natürlich aufkommendes Geld, über die Zeit hinweg, von Regierungen manipuliert, um beispielsweise Kriege zu finanzieren.
Die ersten Formen von Papiergeld gab es laut Historikern in China. Papier war sehr billig und weit verbreitet, und Scheine in Papierform konnten wesentlich leichter transportiert werden. Die Werthaltigkeit dieses Geldes kam durch das Dekret und Versprechen des Kaiser zustande. Dessen Macht und das Versprechen der Werthaltigkeit wurden im Notfall mit Gewalt durchgesetzt. Auch im europäischen Mittelalter kam im Laufe der Zeit nicht-staatliches Papiergeld auf. Jenes Papier war ein sogenannter Wechselbrief, was nichts anderes als ein Vertrag ist und besagt, dass man jenes Papier in Gold oder Silber eintauschen kann. Man musste jetzt nicht mehr sein Gold in ggf. großen Mengen mit sich schleppen, sondern konnte einfach diese Wechselbriefe austauschen.
Die bessere Portabilität optimierte den Handel enorm und sorgte für stetigen Wohlstandszuwachs. Ein Nachteil hierbei ist das Vertrauen, welches benötigt wird. Man muss darauf vertrauen, dass der Wechselbrief echt ist, und die Ausgabestelle nicht mehr Wechselbriefe ausgibt, als sie tatsächliche Goldreserven hat. Heute ist es recht ähnlich. So gut wie jedes Land der Welt agiert auf einem Fiatgeld-Standard. Dies bedeutet, das Geld ist nicht durch Goldreserven o.ä. gedeckt, sondern lediglich durch die Wirtschafts- und Durchsetzungskraft des Staates, der durch Steuern und Gesetze eine Nachfrage nach dem Geld erzeugt.
Staatliches, ungedecktes Papiergeld (wie in China) konnte sich in der Vergangenheit in Europa nie dauerhaft durchsetzen, da der Wert und die Nutzung sich nicht frei auf dem Markt etablieren konnten, sondern erzwungen wurden. Der Handelswert leitet sich dann aus der Glaubwürdigkeit und der Durchsetzungskraft des Staates ab, der seine Währung als zu nutzendes Geld vorgibt. Es gab Zeiträume, in denen ein Großteil der Währungen tatsächlich mit Gold gedeckt war, und es gab die Möglichkeit, dies einzufordern.
Privatbanken gaben Noten aus, die gegen Gold- oder Silbermengen eintauschbar waren. Notenbanken, wie sie irgendwann genannt wurden, gaben zahlreiche Banknoten basierend auf jenem Prinzip aus. In der Geschichte gab es mehrere Phasen, in denen Geld durch Gold gedeckt wurde. Die wichtigsten sind der Goldstandard bis 1933, auf dessen Ende ein Verbot von privaten Goldbesitz in den USA folgte und das Bretton-Woods-System (1944-1973) welches 1973 endgültig endete aber bereits 1971 die Bindung von Gold an den US-Dollar aufhob.
Heutzutage ist diese Form des Geldes die am meisten verbreitete Form. Sie hat keine physische Komponente und besteht nur digital in den Kontobüchern der Geschäftsbanken. Dieses Giralgeld kann von Banken nach gewissen Kriterien einfach neu geschaffen werden, indem sie Kredite vergeben. Der allgemein wahrgenommene Wert jenes Geldes basiert rein auf Vertrauen zu den Banken und zum Staat. Aufgrund der großen Angst der Regierungen vor dem Vertrauensverlust durch die Bürger, retten Staaten in Krisenzeiten häufig große und wichtige Banken, damit das System nicht kippt.
Solche kostspieligen Rettungsaktionen werden jedoch mit durch Zentralbanken neu geschöpftem Geld durchgeführt, was bedeutet, dass dies auf Kosten der Allgemeinheit geschieht. Denn hierdurch verringert sich der Wert des Geldes dramatisch. Der Preis, den ein sogenannter Bail-Out hat, zahlt demnach die Bevölkerung.
Bitcoin ist eine neue Form des Geldes. Es handelt sich um ein dezentral gesteuertes Geld, bei dem keine Staaten, Institutionen oder Individuen über eine Veränderung entscheiden können. Obwohl der Bitcoinpreis kurzfristig sehr volatil ist, hat sich Bitcoin seit seiner Entstehung über längere Zeitperioden hinweg als großartiger Wertspeicher herausgestellt.
So wie ein Geld davon abhängig ist, im Netzwerk der Gesellschaft zu funktionieren und genutzt zu werden, so kann man bei Bitcoin direkt am Preisanstieg beobachten, dass mehr und mehr Menschen es nutzen und halten. Wenn die Nutzerzahl von Bitcoin weiterhin so wächst, ist es gut möglich, dass es auch die anderen beiden Geldfunktionen mehr und mehr wahrnehmen kann und dadurch zum akzeptierten Tauschmittel und der allgemein genutzten Recheneinheit wird. Die Anreize stehen hierbei gut, da Bitcoin, im Gegensatz zu unserem aktuellen Geld, nur begrenzt vorhanden sind, und somit ein Anreiz besteht, sie langfristig zu halten, statt schnellstmöglich loszuwerden.
Im zweiten Teil dieser Blogserie werden wir uns die Eigenschaften des Geldes, Geldpolitik und das Phänomen der Inflation genauer ansehen.
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