Bitcoin Lobbyarbeit: Interview mit Johannes Grill

Braucht ein dezentrales Geld eine zentrale Interessenvertretung? Wir haben mit Johannes Grill von Satoshi Engineering und Bitcoin Austria über Bitcoin-Lobbyismus gesprochen.

"Wenn Lobbyarbeit die Unabhängigkeit von Bitcoin gefährden könnte, dann wäre Bitcoin nicht diese offene, freie und zensurresistente Technologie, wie wir sie heute kennen."

Johannes im Portrait

Im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei Bitcoin Austria engagiere ich mich für Bitcoin-Bildung und Vernetzung. Seit 2022 betreibe ich mit "Satoshi Engineering" eine kleine, aber feine Softwareschmiede, wo wir IT-Dienstleistungen mit Bitcoin-Bezug anbieten und eigene Projekte umsetzen, wie z.B. die Lightning Tipcards (tipcards.io).

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Fragen & Antworten

Johannes, du bist seit Jahren in der Bitcoin-Szene aktiv, vor allem durch den Verein Bitcoin Austria. Wie hat sich deiner Meinung nach das Verständnis von Bitcoin in der breiten Öffentlichkeit in den letzten Jahren verändert?

Die meisten Leute haben mittlerweile zumindest den Begriff „Bitcoin“ schon mal gehört. Leider ist Finanzbildung und die Beschäftigung mit der eigenen Geldanlage immer noch ein Minderheiten-Thema und Verständnis für Bitcoin eine Nische innerhalb dieser Gruppe.

Wird Bitcoin Austria auch hin und wieder von Medien und Politik kontaktiert und gebeten, Sachverhalte einzuordnen oder Stellung zu beziehen? 

Wir bieten das gerne an, sehen uns aber nicht als PR-Agentur, die aktiv Presseaussendungen verbreitet. In 13 Jahren kommen aber schon zahlreiche Presseartikel, Radio- und TV-Auftritte zusammen. Zum Glück gibt es mittlerweile weitere, kompetente Bitcoin-Experten im Land, die Medien und Politik qualitätsvoll Auskunft geben können.

Bitcoin wird oft als „Anti-System“ dargestellt, da es ohne zentrale Instanz funktioniert. Wie können vergleichsweise zentrale Institutionen wie Vereine trotzdem sinnvoll sein und Mehrwert bieten?

Bitcoin ist schon neuartig genug, da ist es durchaus hilfreich, wenn man als greifbare, etablierte Organisation auftreten kann. Es macht in der Außenwahrnehmung einen großen Unterschied, ob man als Einzelperson auftritt oder als Sprecher einer Organisation. Ein Verein kann zudem personelle Wechsel besser überdauern. Wenn ich mich künftig anderen Dingen widme, wird Bitcoin Austria trotzdem weiter bestehen.

Viele Länder regulieren oder planen strengere Vorschriften für Bitcoin. Sollte die Bitcoin-Community sich überhaupt aktiv in politische Prozesse einmischen, um Einfluss zu nehmen? Vielleicht, um sich gegen negative Berichterstattung und politische Maßnahmen zu verteidigen?

Über Jahre wurde immer wieder die Frage gestellt: „Was passiert, wenn Staaten Bitcoin verbieten?“ Die Realität bestätigt, was Bitcoiner immer proklamieren: Bitcoin lässt sich nicht stoppen, auch nicht durch staatliche Verbote. Mit solchen Maßnahmen schaden Regierungen nur der eigenen Bevölkerung, während andere Staaten die Chancen von Bitcoin erkennen und die Menschen von einer Bitcoin-freundlichen Haltung profitieren.

Über die Berichterstattung in Mainstream-Medien hat der deutsche Schriftsteller und Philosoph Wolfram Eilenberger so treffend gesagt: „Wenn Sie wirklich skeptisch werden wollen über “Qualitätsjournalismus”, dann kennen Sie sich mit Bitcoin ein bisschen aus und Sie sehen, was darüber geschrieben wird - und das ist abgründig!“ Insbesonders negative Berichterstattung ist fast immer ideologisch überlagert, gepaart mit unzureichender Sachkenntnis. Diese vermeintlichen „Qualitätsmedien“ schaden so primär ihren verbliebenen Lesern, Hörern und Sehern. 

„Die“ Bitcoin-Community gibt es nicht. Wie auch bei Bitcoin, kann jede(r) ganz individuell und ohne jemanden um Erlaubnis zu fragen, die eigenen Fähigkeiten einbringen und z. B. Aufklärungsarbeit leisten.

Wie könnte Lobbyarbeit aussehen, die den dezentralen und libertären Grundprinzipien von Bitcoin gerecht wird?

Bitcoin selbst ist nicht auf Gesetze oder staatliche Regulierung angewiesen, aber es liegt durchaus in den Händen des Gesetzgebers den breiten Zugang und vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für die Menschen zu erleichtern - oder zu erschweren, sowie ein attraktives Umfeld für Bitcoin-Unternehmen zu schaffen.

Persönlich sehe ich Aufklärung und Bitcoin-Bildung für Entscheidungsträger als eine nachhaltige Möglichkeit. Seit der jüngsten Nationalratswahl haben wir mehrere Bitcoin-kundige Personen im Parlament, die auch unterschiedlichen Parteien angehören. Wir unterstützen hier gerne.


Es gibt auch kritische Stimmen, die sagen, dass Lobbyarbeit die Unabhängigkeit von Bitcoin gefährden könnte. Wie stehst du zu dieser Kritik?

Wenn Lobbyarbeit die Unabhängigkeit von Bitcoin gefährden könnte, dann wäre Bitcoin nicht diese offene, freie und zensurresistente Technologie, wie wir sie heute kennen.

Abschließend: Wenn du dir die Zukunft von Bitcoin in Österreich ausmalen könntest, wie würde diese regulatorisch aussehen? 

In Österreich konnte in den frühen Bitcoin-Jahren – im Gegensatz zu Deutschland – etwas entstehen, weil sich hier Politik und Behörden für unzuständig erklärten. So hatten wir sehr früh flächendeckend Bitcoin-Automaten und mehrere, datenschutzfreundliche Prepaid-Voucher-Angebote zum Bitcoin-Kauf mit Bargeld.Mein Wunsch für die regulatorische Zukunft? Die Politik soll sich möglichst raushalten und Menschen und Unternehmen einfach in Ruhe machen lassen.

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